Why You Should Consider Wellness Entrepreneurship
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von Prof. Günter Faltin (Auszug aus „David gegen Goliath“)
Als die Marken den Luxus entdeckten, erstrahlte die Welt in ungeahnter Schönheit. Wurden Marken anfänglich mit Qualität und Preis verbunden, ging es fortan um Stil, Status und raffinierte Ästhetik. Die Galerien der Marken übertrafen in ihrer Kreativität und künstlerischen Eleganz die Galerien der Künstler. Die Galeristen alten Stils staunten, wie ihnen die Ausstellungsräume der Marken den Rang abliefen. So wie Wissenschaftler in den Dienst der Marken traten und zur Höchstform aufliefen, taten es ihnen Kreative der neuen Epoche nach. Innenarchitekten und Designer verwirklichten ihre Träume. Das Interieur der Marken-Räume schöpfte aus weltlich- künstlerischen Motiven ebenso wie aus sakralen. Marken wurden zu Kunst und die Kunst lernte vom Erfolg der Marken.
Die Städte blühten auf. Die Hauptstraßen alten Typs verwandelten sich in Flaniermeilen der feinen Stile. Der ökonomische Erfolg war unübersehbar. Das Städtemarketing erlebte einen Paradigmenwechsel. Früher standen die Sehenswürdigkeiten der Stadt im Mittelpunkt. Jetzt erkannte man, dass dies zu kurzschlüssig gedacht war. Was macht den Wert eines Touristen aus? Doch nicht, dass er Baudenkmäler und alte Kirchen betrachtet. Sein Wert liegt darin, was er an Käufen in der Stadt lässt. Vom Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, Reinhold Zundel, stammt das Bonmot: «Wenn man die zehn Buchstaben HEIDELBERG lange genug in eine andere Reihenfolge schüttelt, kommt heraus GELD HERBEI!» Die führenden Köpfe des Marketings erkannten, dass die alten Sehenswürdigkeiten der Lockstoff sind, die Menschen zu den modernen Kunstwerken, den Waren-Galerien zu führen.
Die Konkurrenz unter den Städten nahm zu.
Sie boten so viel Einzigartiges auf, dass es staunen machte.
Das so unangenehm Fremde, das Ungewohnte, wenn man in eine neue Stadt kam, wich allmählich. Vertrautheit stellte sich ein. Die Welt wurde konform. Anfängliche Kritik verstummte. Betuliche Kommentare zogen sich in Feuilletons mit abnehmender Leserzahl zurück. Es soll auch jemanden gegeben haben, der den Geheimrat Goethe beschwor: «Man reist doch wahrlich nicht, um auf jeder Station einerlei zu sehen und zu hören.»[2]
Bleiben wir noch einen Moment bei den Städten. Sie sind im Industriezeitalter in nie geahnte Größe gewachsen – und haben dabei ihre jeweils eigene Schönheit und Urbanität entwickelt. Repräsentative Prachtbauten, großzügige Boulevards, Parks und Promenaden; es wurde immer attraktiver, in der Stadt statt auf dem Land zu leben. Erste Fußgängerzonen, Gastronomie, Wochenmärkte: Die Märkte speisten sich aus den lokalen Produkten. Der örtliche Handel prägte das Warenangebot mit all seinen Eigen- und Besonderheiten.
Im fortschreitenden Markenzeitalter hingegen wurde aus der Individualität eine Dutzendware. Jene Gleichmacherei, die Kapitalisten gerne den Sozialisten vorwerfen, praktizieren sie nun selbst. Fußgängerzonen mit immer einheitlicherem Angebot von Marken, Einheits-Architektur der Kaufhäuser, Konformität der Handelsketten, Shopping-Malls wie Abziehbilder eines immer gleichen Standards. Läuft man durch eine Shopping-Mall, kann man kaum noch unterscheiden, ob man in Berlin, Rio, Chiang Mai, Tokio oder Tiflis ist. In den internationalen Flughäfen finden wir die Monotonie der Markenwelt schon heute in Reinkultur. Die gleichen Marken – weltweit.
Für 90 Prozent der Weltbevölkerung sind sie unerschwinglich, aber auch für die anderen 10 Prozent völlig überteuert. Ist das ein intelligenter Umgang mit Ressourcen? Können wir uns nicht eine originellere Zukunft vorstellen?
[1] Verzeihen Sie mir die Ironie, die beiden zu Unrecht verurteilten New Yorker Anarchisten Sacco und Vanzetti in eine Reihe mit den Markennamen zu stellen.
[2] J.W. v. Goethe, Brief an H. Jacobi, 18.8.1792
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